Rand: "Die Tugend des Egoismus"
17.12.2023
Der nächste Satz könnte für nicht wenige eine intellektuelle Zumutung darstellen. Aber es muss gesagt werden. In dieser Deutlichkeit. Ayn Rand ist: Interessierte, Intellektuelle, Individualistin. Doch wie der große Heinrich Heine bereits wusste: „Man muss die Deutschen von innen befreien, von außen hilft nichts“. Daher dieser, mein verzweifelter, „eigennütziger“ Versuch: Mit einem Werk Ayn Rands. „Die Tugend des Egoismus. Eine neue Auffassung des Eigennutzes“.

Obschon das Buch bereits 1964 auf den Markt gekommen ist, hat es mitnichten an Aktualität verloren. Womöglich ist es sogar aktueller denn je. Vermutlich krümmen sich schon vielen Deutschen beim so unschuldigen Begriff des „Egoismus“ bereits die Zehennägel. Deswegen eine kurze begriffliche Klärung: Egoismus im Rand’schen Sinne hat rein gar nichts mit Friedrich Nietzsches „Ich-mach-was-ich-will-Mentalität“ zu tun. Vielmehr stehen bei Rand das Individuum und die Vernunft an oberster Stelle. Einerseits aus ethisch-politischer Sicht: der Mensch dient als Selbstzweck. Andererseits aus ethisch-psychologischer Perspektive: sein selbstständiges und unabhängiges Denken. Wie es Rand formuliert: „Ein Individualist ist ein Mensch, der nur für sich und durch seinen eigenen Verstand lebt; er opfert weder sich selbst für andere, noch andere für sich; er behandelt Menschen als Händler, nicht als Räuber; als Produzent, nicht als Attila“.

Das bedeutet keineswegs, dass der Individualist unsozial sei. Im Gegenteil. Weil er ein soziales Wesen ist, weiß er wie wichtig andere Menschen für ihn sind. Sowohl im beruflichen wie auch im privaten Umfeld. Daher ist es höchst rational, wenn ein Mann sein Leben opfert für die Frau, die er liebt. Höchst irrational aber ist es, wenn der selbe Mann sein Leben für eine ihm unbedeutende Person opfert - eine Person, die er womöglich gar nicht leiden kann. Oder es ist höchst rational, wenn eine Frau keine „Karriere“ machen möchte, weil sie sich ordentlich um Haus, Kinder und Partnerschaft kümmern möchte. Höchst irrational aber ist es, wenn dieselbe Frau zu je 100 Prozent Beruf, Kinder und Partnerschaft unter einen Hut bekommen möchte.

Weil der Individualist vernünftig ist, stellt er sich diesen Tatsachen. Er weiß, wann er sich entscheiden muss, wann er Stellung beziehen muss, wann er den Tatsachen ins Gesicht schauen muss. Der Individualist übernimmt Verantwortung. Ebenso für seine Worte wie für seine Taten. So stellt er sich entweder auf die Seite des Täters oder des Opfers: Russland oder Ukraine, Palästina oder Israel. Desweiteren kritisiert der Individualist alles, was unvernünftig ist: so etwa den falsch verstandenen Humanismus in der Flüchtlingsfrage. Denn: Ist es vernünftig alle, die nach Deutschland kommen möchten, aufzunehmen – und sich gleichzeitig selbst zu schaden: mit importierten Judenhass, mit importierter Frauenverachtung und mit importierter Demokratieächtung? Ist es vernünftig, Menschen aufzunehmen, die sich schwer tun in das westliche Wertegefüge einzuordnen?

Der Individualist stellt sich dieser unangenehmen Wahrheit. Er begreift, wie inhuman seine Forderung wäre, möglichst viele Flüchtlinge aufzunehmen: nicht nur die Flüchtlinge müssen unter widrigen Umständen leben und können sich nur schwer integrieren. Den politischen Rahmenbedingungen und dem politischen Machbaren sind Grenzen gesetzt. Sondern auch die Einheimischen leiden hierunter: Wohnraum wird knapper und die Mieten steigen an, die steuerliche Belastungen werden größer, der öffentliche Raum ist nicht mehr so sicher (vor allem für Frauen), Juden leben in größerer Angst als zuvor. Politische „Lösungen“ greifen hier nicht im Mindesten.

Das ist ein Faktum. Ebenso wie, dass der Individualist weiß, dass er in erster Linie für sich selbst und seine „Liebsten“ Verantwortung übernehmen muss. Er kann nicht Verantwortung für seine Stadt, sein Land oder gar für die ganze Welt übernehmen. Das überschreitet einfach seine Kompetenzen und Möglichkeiten. Daher: Lieber im Kleinen Verantwortung übernehmen. Dafür aber richtig. Und nicht überall. Schlampig, weil oberflächlich. Nur so wird die Welt eine bessere. Denn: Je mehr verantwortungsvolle Menschen es gibt, desto eher gibt es eine verantwortungsvollere Welt.

Dazu gehört auch die realistische Sichtweise des Individualisten auf zwischenmenschliche Beziehungen: nämlich als eine Form von Transaktion. Sei es beruflich oder privat. Zunächst bedeutet es, dass man jedem Menschen mit Respekt entgegentritt, bestimmte Grenzen nicht überschreitet und ihm einen guten Willen unterstellt - bis sich das Gegenteil herausstellt. Das entlastet nicht nur das zwischenmenschliche Miteinander enorm. Diese Interaktion auf Augenhöhe, freiwillig und ungezwungen, macht es auch erheblich angenehmer. Für alle Beteiligte. Zum Beispiel in Liebesbeziehungen. Nur wenn beide Liebespartner den Bedingungen ihrer Beziehung zustimmen, kommt es zu einer Beziehung. Ist eine Person unzufrieden und möchte diese Beziehung nicht eingehen, gehen beide Personen getrennte Wege. Wenn ein Partner das nicht akzeptiert und sich der anderen Person aufdrängt, ihr nachstellt, ist das höchst respektlos.

Genauso respektlos wie die Vernachlässigung Rands Gedanken und ihre politische Diffamierung als „rechts“ in Deutschland. Wobei ... „rechts“ steht ja mittlerweile synonym für „vernünftig“. In diesem Sinne muss es wohl als Kompliment aufgefasst werden. Wie dem auch sei. Wer noch tiefer in die Philosophie Rands eintauchen und sich mit ihrem „Objektivismus“ auseinandersetzen möchte, muss zu „Die Tugend des Egoismus“ greifen. Es ist ein sehr guter Einstieg in Rands Theorie. Nicht nur weil Rand auf hochtrabend-komplizierte und pseudo-intellektuelle Formulierungen verzichtet. Sondern auch weil es sich hier um einen Sammelband mit insgesamt 19 knackig-kurzen Beiträgen handelt. Sowohl von Rand als auch von Nathaniel Branden verfasst. Man muss es einfach sagen: Es ist eine geballte Portion Tugend für den Menschenverstand. Auf fast 200 Seiten. Daher. Nicht ganz uneigennützig. Im Rand’schen Sinne versteht sich: Unbedingt zugreifen! Alles andere wäre unvernünftig.

Rand, Ayn, (2023). „Die Tugend des Egoismus. Eine neue Auffassung des Eigennutzes“. Jena: TvR.
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